Großaufnahme eines Mannes der entsetzt die Hand vor das Gesicht hält als Ausdruck von Suizid-Gedanken

Neuer Höchststand der Suizide – Das Schweigen durchbrechen

Die Zahl der Sui­zi­de in Deutsch­land hat alar­mie­ren­de Höhen erreicht. Im ver­gan­ge­nen Jahr begin­gen 10.304 Men­schen in Deutsch­land Selbst­mord (Sui­zid). Das waren 184 Men­schen mehr als im Vor­jahr und es ent­spricht dem höchs­ten Stand der Sui­zi­de seit 1995. Das teil­te das Natio­na­le Suizidpräventions­programm im Sep­tem­ber 2024 mit. Die­ser Anstieg zeigt, dass es drin­gend not­wen­dig ist, das The­ma offen zu bespre­chen und Wege zur aku­ten Betreu­ung und Prä­ven­ti­on zu fin­den. Es ist wich­tig, Sui­zid nicht nur als ein dunk­les The­ma zu betrach­ten, son­dern als eine Gele­gen­heit, Betrof­fe­nen Hoff­nung und Unter­stüt­zung zu bieten.

Die Grün­de für Sui­zi­de sind viel­fäl­tig – sie rei­chen von psy­chi­schen Erkran­kun­gen, sozia­ler Iso­la­ti­on bis zu finan­zi­el­len Sor­gen. Män­ner sind sta­tis­tisch gese­hen mehr betrof­fen und auch älte­re Men­schen zei­gen häu­fig höhe­re Raten. Umso wich­ti­ger ist es, das The­ma Sui­zid ins Licht zu rücken und Hil­fe anzubieten.

Das Schweigen durchbrechen

Es ist wich­tig, über Sui­zid zu spre­chen. Vie­le Men­schen füh­len sich allein und unver­stan­den, wenn sie über ihre Pro­ble­me spre­chen oder sich in ihrer Ver­zweif­lung ande­ren gegen­über öff­nen. Auf der ande­ren Sei­te füh­len sich vie­le ange­sichts geäu­ßer­ter Selbst­mord­ge­dan­ken oft hilf­los oder über­for­dert und wis­sen nicht, wie sie reagie­ren sol­len. Offe­ne Dis­kus­sio­nen kön­nen hel­fen, die­se Iso­la­ti­on zu bre­chen und Unter­stüt­zung anzubieten.

Es geht dar­um, von einer Kul­tur des Schwei­gens und des man­geln­den Ver­ständ­nis­ses zu einer Kul­tur der Offen­heit, des Mit­ge­fühls und der Unter­stüt­zung über­zu­ge­hen. Wer ins Ver­trau­en gezo­gen wird, soll­te nicht weg­schau­en. Hören Sie zu und ermu­ti­gen Sie Betrof­fe­ne, sich Hil­fe zu holen. 

Kostenfreie Hilfe

Wenn Sie Sui­zid­ge­dan­ken haben oder bei einer ande­ren Per­son wahr­neh­men, gibt es kos­ten­freie Hil­fe in Deutsch­land. Der Not­ruf 112, die Tele­fon­seel­sor­ge 0800/1110111 und das Info-Tele­fon Depres­si­on 0800/3344 533 bie­ten unmit­tel­ba­re Unter­stüt­zung. Auch die Stif­tung Deut­sche Depres­si­ons­hil­fe und Sui­zid­prä­ven­ti­on bie­tet Unter­stüt­zung unter 0800 / 33 44 533 und auf ihrer Web­sei­te.

Regelung in Warteschleife 

Mit dem Antrag „Sui­zid­prä­ven­ti­on gesetz­lich ver­an­kern und aus­rei­chend finan­zie­ren“ hat­te bereits der 128. Deut­sche Ärz­te­tag 2024 die Bun­des­re­gie­rung auf­ge­for­dert, den Auf­trag des Bun­des­ta­ges umzu­set­zen und einen Gesetz­­entwurf zur Sui­zid­prä­ven­ti­on vor­zu­le­gen. Laut Ärz­te­blatt beton­te Mat­thi­as Blöch­le, Vize­prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer Ber­lin, “ange­sichts der erschre­ckend hohen Zah­len sei­en „wei­te­re Anstren­gun­gen bei der Erfor­schung und Ver­hü­tung von Sui­zi­den drin­gend erfor­der­lich“. Karl Lau­ter­bach habe bis Ende Juni einen Geset­zes­ent­wurf zur Sui­zid­prä­ven­ti­on ange­kün­digt gehabt. „Doch wir war­ten immer noch dar­auf. Dabei drängt die Zeit und jedes Leben zählt“, so Blöchle”.

Um Sui­zi­de zu ver­hin­dern, braucht es einen umfas­sen­den Ansatz. Dazu gehört eine Poli­tik, die psy­chi­sche Gesund­heit prio­ri­siert, bes­se­ren Zugang zu The­ra­pien und eine erhöh­te For­schung bie­tet. Lei­der hapert es häu­fig mit dem Zugang zu The­ra­pien und vie­le Hil­fe­su­chen­de fin­den kei­nen The­ra­pie­platz, der von der Kran­ken­kas­se finan­ziert wird. weil die Nach­fra­ge das Ange­bot an The­ra­pie­plät­zen übersteigt. 

Unterstützung beantragen

Dabei gewährt das SGB V jedem Bun­des­bür­ger das Recht auf psy­cho­lo­gi­sche Betreu­ung im Rah­men der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung, wenn dies medi­zi­nisch not­wen­dig ist. Die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen sind auf die­ser Basis ver­pflich­tet, eine ange­mes­se­ne und zeit­na­he Ver­sor­gung sicher­zu­stel­len. Dies bedeu­tet, dass sie dafür sor­gen müs­sen, dass Pati­en­ten Zugang zu not­wen­di­gen Behand­lun­gen haben.

Wer drin­gend psy­cho­lo­gi­sche Betreu­ung benö­tigt und kei­nen The­ra­pie­platz fin­det und wie­der­holt abge­wie­sen wird, soll­te sich zunächst an sei­ne Kran­ken­kas­se wen­den. Wird auch dann kei­ne Ver­sor­gung gewähr­leis­tet, kann ein Antrag gestellt wer­den für die Kos­ten­er­stat­tung bei einem The­ra­peu­ten ohne Kas­sen­zu­las­sung, vor­aus­ge­setzt die The­ra­pie ent­spricht dem medi­zi­ni­schen Stan­dard (die sys­te­mi­sche The­ra­pie zum Bei­spiel tut das).

Ob eine Erstat­tung abge­lehnt wird, hängt oft von der kon­kre­ten Situa­ti­on und den inter­nen Richt­li­ni­en der Kran­ken­kas­se ab. Die Rechts­la­ge ist hier nicht abso­lut ein­deu­tig und hängt stark von den spe­zi­fi­schen Umstän­den des Ein­zel­falls ab. Ver­si­cher­te haben jedoch Rech­te und Mög­lich­kei­ten, um gegen eine Ableh­nung vorzugehen. 

Wer die Mit­tel hat, sich auch ohne die Abde­ckung durch die Kran­ken­kas­se pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung zu holen, soll­te das tun. Als Selbst­zah­ler hat man gute Chan­cen einen The­ra­pie­platz bei einem qua­li­fi­zier­ten Therapeut:in zu bekom­men und soll­te die­se Chan­ce nutzen. 

Gemeinsam gegen die Dunkelheit

Sui­zid­prä­ven­ti­on betrifft uns alle. Zwar erfor­dert es Mut und Offen­heit, sich mit dem The­ma Sui­zid aus­ein­an­der­zu­set­zen und falls Sie damit kon­fron­tiert sind, einem Betrof­fe­nen Empa­thie und ein offe­nes Ohr zu schen­ken. Sehr vie­le Sui­zid­ge­fähr­de­te füh­len sich allein­ge­las­sen und unver­stan­den. Es wäre mög­lich, dass Ihr Ver­ständ­nis und Ihre Zuwen­dung im Not­fall das Züng­lein an der Waa­ge sein könn­te, das Schlim­me­res ver­hin­dert und an ver­füg­ba­re Hil­fe erin­nert. Gemein­sam kön­nen wir das Schwei­gen durchbrechen. 

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