Was Sie über das Grenzen setzen wissen sollten in unter 10 Minuten
und warum Sie Nein sagen üben sollten.
Was sind gesunde Grenzen?
Gesunde Grenzen zu setzen bedeutet, dass Sie in der Lage sind, Nein zu sagen zu den Anfragen und Bitten anderer Menschen. Insbesondere, wenn es dadurch zu einem Konflikt mit Ihren Werten kommt. Gesunde Grenzen sind die Eckpfeiler von gesunden Beziehungen – sowohl derer mit anderen als auch der Beziehung zu Ihnen selbst.
Wenn du ja zu anderen sagst, stelle sicher, dass du nicht nein zu dir selbst sagst.
Paulo Coelho
Das fällt uns erst mal gar nicht so leicht. Erstens möchten wir vielleicht ein harmonisches Umfeld und befürchten, dass andere enttäuscht oder ärgerlich mit uns sein könnten, wenn wir nicht tun, was sie sich wünschen. Zweitens haben wir alle ein sehr großes Bedürfnis danach, uns mit anderen zu verbinden. Und sich zu verbinden ist – zumindest dem Anschein nach – am einfachsten, wenn wir etwas tun, das dem anderen zugutekommt oder gefällt. Denn dann hat der andere erst mal eine gute Meinung von uns und ist zufrieden. Drittens denken wir vielleicht auch so etwas wie „eine Hand wäscht die andere“ und dann ist es nicht schlecht, wenn wir jemandem einen Gefallen tun, denn dann tut der andere uns vermutlich auch einmal einen Gefallen, wenn wir zukünftig Hilfe brauchen.
Gesunde Grenzen zu setzen ist aber unerlässlich, wenn wir uns selbst treu bleiben, unsere Ziele verfolgen, unsere Werte leben und mit unserer Lebens-Zeit und unseren Ressourcen sorgfältig umgehen möchten. Denn wer sich ununterbrochen verausgabt, läuft Gefahr, die eigene Seele auf dem Altar der Gefälligkeit zu opfern.
Beispiele gesunder Grenzen
Ihr Partner:in bittet Sie, zu einer Veranstaltung über das Wochenende mitzugehen. Sie sagen Nein, weil Sie Zeit zur Erholung benötigen nach einer anstrengenden Arbeitswoche – obwohl Sie befürchten, dass er/sie ärgerlich sein könnte.
Sie sagen Ihrer Schwiegermutter, dass heute kein geeigneter Tag ist, um spontan vorbeizuschauen.
Sie prüfen keine E‑Mails mehr oder sozialen Medien vor dem Zubettgehen, um Ihre Regenerationsphasen zu schützen und guten Schlaf zu unterstützen.
Für das Wochenende haben Sie einen Ausflug mit Ihren Kindern geplant, aber Ihr Chef fragt Sie per E‑Mail, ob Sie am Samstag zur Arbeit kommen aufgrund eines Engpasses. Sie befürchten, Sie könnten Ihren Chef enttäuschen, aber letztendlich bleiben Sie Ihrem Vorsatz treu, am Wochenende nicht zu arbeiten und priorisieren die gemeinsame Aktivität mit Ihren Kindern.
Obwohl Sie für gewöhnlich das Osterfest für die Familie ausrichten, sagen Sie dieses Mal nein, weil Sie bei der Arbeit gerade besonders gefordert sind und die Woche danach in den Urlaub fahren und nicht bereits erschöpft die Reise antreten möchten.
Es erfordert viel Mut, sich gegen unsere Feinde zu behaupten, aber genauso viel, sich gegen unsere Freunde zu behaupten.
J. K. Rowling
Konsequenzen eines Mangels an Grenzen setzen
Häufig denken wir an die möglichen Konsequenzen, wenn wir Grenzen setzen, aber nicht an die Konsequenzen, die folgen können, wenn wir keine Grenzen setzen. Deshalb lassen Sie uns einmal anschauen, welche Konsequenzen es haben kann, wenn Sie nicht Nein sagen, sondern sich vorrangig um die Bedürfnisse und Wünsche anderer kümmern.
Beziehungsprobleme: Wer seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse gewohnheitsmäßig ignoriert, um den Wünschen anderer nachzukommen, in dem wächst der Groll immer weiter an, was schließlich zu Vertrauensverlust, unterdrückter Aggression, verringerter Intimität, häufigen Konflikten und vielen anderen Beziehungsproblemen führt.
Ein geringes Selbstwertgefühl: Kennen Sie jemanden, der dafür bewundert wird, dass er niemals für sich selbst eintritt, seine Zeit nicht schützt und fortlaufend seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurückstellt, um andere Menschen zu befriedigen?Nein? Das ist keine Überraschung und der Grund, warum solche Menschen häufig von anderen schlecht behandelt werden, denn sie verlieren den Respekt. Und das ist nachvollziehbar, denn wer sich selbst und seine Bedürfnisse nicht respektiert, kann nicht erwarten, von anderen respektiert zu werden.
Stress und Burnout: Wer zu den Bitten anderer nicht Nein sagen lernt, fällt schnell in eine chronische Überforderung und gerät unter Stress. Mehr noch – das kann in einem Teufelskreis enden. Denn wenn Sie andere als jemanden wahrnehmen, der immer Ja sagt, stellen die Menschen in Ihrem Umfeld natürlich immer mehr Anfragen an Sie. Daraus entwickelt sich häufig ein Teufelskreis aus chronischem Stress, der schließlich in einem Burnout enden kann.
Ängste und chronische Sorgen: Mangelnde Abgrenzung – und im Allgemeinen ein Mangel an Durchsetzungskraft – ist eine der Hauptursachen für chronische Sorgen und Ängste, die den meisten Menschen nicht bewusst ist.
Co-Abhängigkeit und Gefallsucht (d. h. es jedem recht machen wollen): Wenn es Ihnen schwerfällt, Nein zu sagen, liegt das oft an der Angst, dass andere Menschen von Ihnen enttäuscht sein könnten. Je mehr Sie es jedoch vermeiden, Nein zu sagen und gesunde Grenzen zu setzen, desto stärker wird Ihre Überzeugung, dass Sie dafür verantwortlich sind, andere Menschen bei Laune zu halten, was es noch schwieriger macht, gute Grenzen zu setzen. Und dann befinden Sie sich in einem weiteren Teufelskreis.
Anfälligkeit und Krankheit: Man weiß heute aus der Psychoneuroimmunologie, dass Menschen, die nicht Nein sagen und Grenzen setzen, häufig krank werden, teilweise auch schwer krank. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die Schwierigkeiten haben, persönliche Grenzen zu setzen und sich gegenüber anderen abzugrenzen, häufiger unter stressbedingten Gesundheitsproblemen leiden.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Fähigkeit, „nein“ zu sagen, ein wichtiger Bestandteil des Stressmanagements und der allgemeinen Gesundheit sein kann.
Grenzen zu setzen bedeutet den Mut zu haben uns selbst zu lieben, selbst wenn wir dadurch riskieren andere zu enttäuschen.
Brené Brown
Wesentliche Erkenntnisse über gesunde Grenzen
Es ist nicht ungewöhnlich, dass man sich dreht und windet und versucht, sich um das Nein sagen herumzudrücken. Das geht den meisten von uns so. Hier finden Sie einige wichtige Erkenntnisse darüber, warum es uns so geht und warum es sich lohnt, das Grenzen setzen zu lernen und zu üben.
Grenzen zu setzen ist schwierig, weil es mit schwierigen Gefühlen verbunden ist und diese uns unangenehm sind. Der Schlüssel zum Setzen (und Durchsetzen) gesunder Grenzen ist daher die Fähigkeit, mit den schwierigen Emotionen umzugehen, die mit dem Nein sagen einhergehen. Wenn Sie beispielsweise nicht ertragen können, dass jemand wütend auf Sieist, weil Sie seine Bitte abgelehnt haben, wird es Ihnen schwerfallen, gesunde Grenzen zu setzen. Beim Setzen von Grenzen geht es folglich viel weniger um Kommunikation, als die meisten Menschen denken, sondern viel mehr um emotionale Belastbarkeit. Gleichzeitig ist es für Sie eine Chance, genau das zu lernen – die unangenehmen Gefühle auszuhalten (Ihre und die anderer). Und um etwas zu lernen, braucht man immer Übung! Also können Sie sich ebenso gut freuen, wenn Ihnen eine Gelegenheit zum Nein sagen gegeben wird, weil es Ihnen eine Gelegenheit bietet zu üben.
Beim Setzen gesunder Grenzen geht es in erster Linie um Sie und Ihr Verhalten, und nicht um das Verhalten anderer. Beim Grenzensetzen geht es darum, zu bestimmen, wie Sie sich angesichts der Wünsche oder des schlechten Verhaltens anderer Menschen verhalten werden. Es ist weitverbreitet, das aus dem Blick zu verlieren, aber Sie haben keine Kontrolle über das, was andere Menschen tun – das Einzige, was Sie kontrollieren können, ist Ihr eigenes Verhalten.
Wenn Sie Nein sagen, ist das die einzige Möglichkeit für andere Menschen, Ihre Grenzen kennenzulernen. Und nur, was man kennt, kann man auch respektieren. Das bedeutet, genau genommen tun Sie dem anderen einen Gefallen damit, wenn Sie nein sagen. Die meisten Menschen möchten ihr Gegenüber respektieren und ein harmonisches Miteinander gestalten. Das kann man aber nur, wenn man die gegenseitigen Grenzen kennenlernt und einschätzen kann. Denn nur so ist eine Abwägung und Abstimmung aufeinander möglich. Also tun Sie dem anderen den Gefallen, Ihre Grenzen klar zu äußern.
Jedes „Nein“ ist ein „Ja“ zu etwas anderem. Das Setzen von Grenzen kann Ihnen vielleicht wie eine übermäßig negative Sache vorkommen – eine ganze Menge Nein sagen. Aber vergessen Sie nicht: Der Grund, warum Sie zu etwas Nein sagen, ist, dass Sie zu etwas anderem Ja sagen können. Ein Beispiel: Sie sagen Nein zu einem Treffen mit einer Freundin, weil Sie Ja sagen zu Selbstfürsorge und einem ruhigen Abend mit sich selbst.
Nur wenn du nein sagst, kannst du dich auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig sind.
Steve Jobbs
Tipps und Methoden, um gesunde Grenzen zu setzen
Wie das Allermeiste im Leben kann man auch das Grenzensetzen üben und erlernen. Und es gibt natürlich auch Tipps und Methoden, wie das gut gelingen kann. Hier finden Sie einige davon.
Setzen Sie keine Grenze, die Sie nicht durchzusetzen bereit sind. Grenzen zu setzen ist schwierig, sie durchzusetzen ist noch schwieriger. Aber wenn Sie Grenzen setzen und sie dann nicht durchsetzen, lernen die Menschen in Ihrem Umfeld, dass sie Ihre Grenzen nicht respektieren müssen. Und das macht Ihnen das Grenzensetzen und Durchsetzen auf lange Sicht noch schwieriger. Überlegen Sie es sich deshalb genau, bevor Sie eine Grenze setzen, Die folgende Frage kann dabei hilfreich sein: Bin ich bereit, diese Grenze durchzusetzen, wenn sie verletzt wird?
Seien Sie spezifisch beim Grenzensetzen. Grenzen sollten sich auf das Verhalten beziehen – nicht auf Gefühle, Überzeugungen, Erwartungen, Wünsche, Träume usw. Wenn Sie eine Grenze setzen, sollte ganz klar sein, mit welchem Verhalten Sie nicht einverstanden sind und wie Sie darauf reagieren werden, wenn es vorkommt. Ein Beispiel: Sie können keine Grenze gegen Wut an sich setzen, aber Sie können eine Grenze setzen, wenn Sie jemand anbrüllt. Sie können keine Grenze setzen, wenn Ihr Partner:in sich „nicht kümmert“, aber Sie können eine Grenze setzen, wenn er/sie auf den sozialen Medien herum daddelt, anstatt im Haushalt zu helfen.
Seien Sie sich klar über die Werte hinter Ihren Grenzen. Das Setzen und Durchsetzen gesunder Grenzen kann eine Herausforderung sein. Das bedeutet, dass Sie die größtmögliche Motivation dafür benötigen, die Sie aufbringen können. Und eine der besten Möglichkeiten, Ihre Motivation für etwas zu steigern – auch für das Setzen gesunder Grenzen – besteht darin, sich seiner Werte bewusst zu sein. Je klarer Sie sich darüber sind, warum die jeweilige Grenze für Sie wirklich wichtig ist, desto mehr Motivation und Entschlossenheit werden Sie aufbringen, sie zu setzen und durchzusetzen.
„Nein” ist ein vollständiger Satz.
Annie Lamott
Übung ist das halbe Leben
Viele von uns drücken sich gerne darum, Nein zu jemand anderem zu sagen. Abhängig von Ihren bisherigen Erfahrungen und Ihrer erlernten Haltung dazu. Manche haben vielleicht im Elternhaus einen entspannten Umgang damit gelernt. Die meisten Menschen, die ich kenne, eher nicht. Deshalb ist es eine Herausforderung, Nein zu sagen und Grenzen gegenüber anderen zu setzen.
Aber hey, Herausforderungen sind dafür da, dass wir sie bewältigen! Und jedes Mal, wenn Sie eine Grenze setzen und den Mut aufbringen, Nein zu sagen, haben Sie die Chance, eine neue, gute Erfahrung damit zu machen und zu lernen und besser darin zu werden. Und irgendwann werden Sie durch viel Übung feststellen, dass Ihnen ein Nein leicht von den Lippen kommt und Sie dadurch echte Lebensqualität gewinnen und mehr Leichtigkeit. Und dafür lohnt sich der Einsatz auf jeden Fall. Das ist zumindest das Feedback meiner Klient:innen, die sich auf diese Reise begeben – und auch meine eigene Erfahrung.
Erstaunlicherweise haben viele Menschen auch kein Problem mit einem klaren Nein, sondern eher damit, wenn unklar kommuniziert wird und offen bleibt, wie der andere zum Gesagten steht. Also nur Mut und munter das Grenzen setzen üben.
Erinnern Sie sich daran
Keine gesunden Grenzen zu setzen und nicht nein zu sagen, hat Konsequenzen, die Ihnen Ihr Leben erschweren können, auch wenn es kurzfristig einfacher erscheint, ja zu sagen.
Wer sich selbst und seine Bedürfnisse und Grenzen nicht respektiert, kann nicht erwarten, von anderen respektiert zu werden.
Um gesunde Grenzen zu setzen, ist es wichtig zu lernen, Ihre emotionale Belastbarkeit aufzubauen. Übung ist der Schlüssel dazu.
Beim Grenzensetzen geht es um Sie und Ihr Verhalten, denn das ist das Einzige, was Sie kontrollieren können. Über andere können Sie nicht bestimmen.
Wenn Sie Nein sagen, bieten Sie anderen eine Chance, Ihre Grenzen kennenzulernen.
Jedes „Nein“ ist gleichzeitig ein „Ja“ zu etwas, das Ihnen wichtig ist.
Maté, Gabriel. *The Myth of Normal: Trauma, Illness, and Healing in a Toxic Culture*. Avery, 2022..
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